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Liverpool: Englands einstiges Schmuddelkind feiert seinen Wandel zum kreativen Pflaster

Blick über die Innenstadt von Liverpool am Abend, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Liverpool. Vor zehn Jahren bin ich in Liverpool an Land gegangen, um Europas damalige Kulturhauptstadt zu entdecken. Mit dem Glauben an sich selbst, vielen kreativen Menschen und einem ganz besonderen Humor, begann sich die heruntergekommene Hafen- und Arbeiterstadt aus Tristesse und Niedergang zu befreien. Nun will ich sehen, was aus dem  Aufbruch geworden ist.

Die „Royal Iris of the Mersey“ ist noch ganz die Alte: Schwarz, weißer Aufbau, geht sie wie immer längsseits an den Fähranleger an der Waterfront, pendelt jahrein jahraus zwischen Birkenhead und Liverpool. Berühmt wurde die „Ferry ‚cross the Mersey“ mit dem gleichnamigen Lied der Gruppe Gerry and the Pacemakers Anfang der 60er Jahre. 

Ein Matrose wie aus dem Bilderbuch, baumstammdicke, tätowierte Arme, blaue Wollmütze auf dem großen, runden, kahlen Schädel, vertäut die alte Dame, Baujahr ’59, am Fähranleger. Die Metallbrücke saust rasselnd auf den Pier. Ein Radfahrer schiebt ein Rad darüber, eine Mutter ihren Kinderwagen. Der eisige Wind pfeift von der irischen See kommend den Fluss hinauf. 

„Ich darf nichts sagen, frage das Management“, antwortet der Seemann auf meine Frage, wie sich die Arbeit auf einem der berühmtesten Schiffe Englands anfühlt.  Dann taut er ein wenig auf: „Ich mag den Job“, sagt er zögerlich. Sein Vater habe 1958 hier angeheuert er, Gary, vor acht Jahren. Manchmal hätten sie lokale Promis an Bord, Great, großartig. Als er erfährt, dass ich aus Deutschland komme, gibt er mir einen Tipp: Drüben in Birkenhead liege ein Original erhaltenes deutsches U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg, U534. „Lohnt sich“, versichert er mir und verschwindet Richtung Bug. Gleich legen wir wieder an. Die Überfahrt dauert keine halbe Stunde.

Ich verzichte auf das U-Boot um den Blick auf Liverpools Weltkulturerbe-Skyline zu genießen … 
Weltkulturerbe Liverpool Waterfront, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Aus dem Dunst des Stroms steigen die beiden Türme des Royal Liver Buildings und der Bau der Hafenverwaltung mit der Kuppel auf. Zu Glanzzeit des damals wichtigsten britischen Hafens verewigten sich die großen Unternehmen des Landes an der Waterfront mit aufwändig verzierten Bürohochhäusern im viktorianischen und edwardianischen Stil. Auf den Turmspitzen des Royal Liver, dem Palast einer Versicherung, sitzen zwei große Vögel: Die Liver Birds. Die Bauherren bestellten bei einem Bildhauer Adler. Der Mann hatte keine Ahnung, wie ein solcher aussieht. So schuf er eine krude Mischung aus Kormoran und Greifvogel. Die Auftraggeber wussten es nicht besser und präsentierten das neue Wappentier der reichen Handelsstadt. Seitdem blickt der eine Liverbird aufs Meer, der andere landeinwärts: „die Seemannsbraut, die nach dem Liebsten Ausschau hält und der Matrose, der sehen will, ob die Kneipen in der Stadt schon geöffnet sind.“

Liverpool ist wieder auferstanden

Über Jahrzehnte hatte Liverpool einen miesen Ruf. Überall standen Anfang der 80er Jahre Häuser leer, ganz Straßenzüge verfielen. Die Werften hatten aufgegeben. Der Hafen war fortgezogen, mit ihm die Industrie. Premierministerin Margret Thatcher hatte der Wirtschaft eine marktradikale Rosskur verpasst. Jugendliche revoltierten gegen Hoffnungslosigkeit und Armut. Europaweit berichteten die Medien von den Aufständen in Toxteth, damals einer der finstersten Stadtteile Großbritanniens.  Ich erinnere mich an meine erste Reise durch Nord-England 1980. Graue Straßenzüge mit tristen Backsteinhäusern. Im benachbarten Manchester konnten sich viele keine Glasscheiben für ihre heruntergekommenen Reihenhäuschen leisten. Sie klebten stattdessen Pappkartons in die Fensterrahmen. 

Ein Obdachloser richtet sich sein Nachtquartier vor dem Eingang des ehemaligen Luxus-Geschäfts Kardashian Beauty in Liverpool ein, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman
2004 nahm die UNESCO Waterfront und Innenstadt „ als Zeugnis des frühen Welthandels im Britischen Empire“ in die Liste des Weltkulturerbes auf. 

Reich geworden war die Stadt im 17. und 18. Jahrhundert mit Geschäften, an die sich heute niemand mehr gerne erinnert: dem Sklavenhandel. Vom Liverpooler Hafen fuhren die Schiffe beladen mit Waffen, Schnaps und anderen Waren nach Westafrika. Dort tauschten die Händler ihre Ladung gegen Sklaven, für die Plantagen der Weissen in Amerika. Für eine britische Kanone bekamen sie vier kräftige junge Männer.

Ein Fünftel der Verschleppten starb auf der Überfahrt. Die Kapitäne ließen sie unter Deck in heisser, stickiger Dunkelheit aneinander ketten. „Hier sehen sie, wie die Gefangenen an Bord leben mussten“, erklärt mir der Sprecher des Liverpooler Sklavereimuseums. Er deutet in einen fensterlosen Holzverschlag mit nackten, eng übereinander gestapelten Pritschen. 

Aus einem dunklen Raum nebenan höre ich Schreie und Stöhnen. In Endlosschleife läuft ein Film, der einen jungen Mann in Nahaufnahme zeigt. In an die Planken genagelten Ketten gefesselt windet er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht unter Deck auf dem schaukelnden Schiff. Immer wieder muss er sich übergeben. Die Bilder verfolgen mich noch lange.

„Ein Sklavenschiff hat man aus acht, neun Kilometern Entfernung gerochen“

beschreibt  der Museumssprecher die Zustände: „Sie waren, wie soll man sagen, sehr, sehr unhygienisch. Die Sklaven lagen in ihrem eigenen Schmutz.“ Kranke und Tote ließen die Kapitäne einfach über Bord werfen. Bis zum Verbot des Sklavenhandels vor rund 200 Jahren hatten die Europäer an die zwölf Millionen Afrikaner versklavt.

Ins Maritime Museum nebenan führt mich eine Gangway vorbei an einer stählernen Schiffswand und den Silhouetten winkender Menschen auf das Deck eines Ozeanriesen. Die Ausstellung erzählt die Geschichte der Titanic, der Lusitania und der „Empress of Ireland“. Die drei Passagierdampfer waren einst der Stolz der britischen Seefahrt. Im ersten Stock des Seefahrtsmuseums sind Kabinen, Säle und Gänge originalgetreu nachgebaut. 

Im nächsten Raum stehe ich auf der Brücke eines Frachters, der den tosenden Atlantik durchpflügt. Die U-Boot-Ortung piepst. Jeden Moment kann ein Torpedo einschlagen – so wie im Mai 1915, als ein deutsches Unterseeboot die Lusitania versenkte. Das Schiff riss 1198 Menschen in den Tod. 

Das erste Dock der Welt

Charlotte habe ich nebenan im Beatles Museum kennen gelernt. Die 44jährige kennt noch das graue, von Wirtschaft und Politik aufgegebene Liverpool. Heute überschlägt sie sich fast vor Begeisterung für ihre Stadt.  Überall wird gebaut und renoviert. Immer mehr junge Leute ziehen in die einst weitgehend verlassene Innenstadt. Zum Europäischen Kulturhauptstadtjahr 2008 eröffnete das Einkaufszentrum  One, inzwischen eines der beliebtesten Shopping-Reviere Englands. Der Unterschied zu den üblichen Malls: Läden, Cafés und Restaurants verteilen sich in einer mehrstöckigen Fussgängerzone. Neben den Filialen aller großen Ketten gibt es auch lokale Geschäfte. Charlotte zeigt mir die Ausgrabungen des ersten Docks der Welt, das 1715 hier gebaut wurde. Die Architekten des Einkaufszentrums haben die wieder entdeckten Fundamente in das Liverpool One integriert. „Früher musste ich nach Manchester oder Birmingham fahren, wenn ich was vernünftiges zum Anziehen brauchte“, erzählt die quirlige Fremdenführerin. „Jetzt kommen die Leute busseweise zum Einkaufen zu uns.“

Einkaufszentrum Liverpool One in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Ob bei all dem Aufschwung die Einheimischen nicht auf der Strecke bleiben, frage ich sie. „Nein, bisher merke man von einer Gentrifizierung nichts. Schau mal, ich kann mir sogar eine Wohnung in der neuen Marina leisten“, sagt sie, selbst Arbeiterkind aus Birkenhead. „Vor meinem Fenster sehe ich Wasser und Yachten. Zur Arbeit im Albert Dock und in die Stadt gehe ich zu Fuss. Ich mache mich auf den Weg den Hügel hinauf in die Rope Walks – die einstige Reeperbahn, wo die Seiler früher die Taue für die Schiffe fertigten. Mitten hindurch verlaufen die Seel- und die Bold Street mit ihren schrägen Läden, stylischen Cafés, Clubs und Kneipen. Ein Café verkauft Second Hand Klamotten und gebrauchte Bücher. An den Wänden der Häuser aus mehreren Jahrhunderten haben Künstler skurrile Geschichten zu bunten Bildern verarbeitet. 

Politik, Stimmungen, Trends, Soziales und Kunst mischen sich in Liverpool immer wieder neu. Keine britische Stadt außerhalb Londons gebiert so viele Kreative wie die einstige Hafenstadt des permanenten Aufbruchs und Wandels. 
Cavern Club in Liverpool, in dem Anfang der 1960er häufig die Beatles spielten, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

In den ungezählten Kneipen spielen laufend Musiker – mal organisiert, mal ganz spontan zu einer Session. Charlotte hat mir das Baltic Triangle empfohlen. Weil sie sich dort sowieso mit Freunden trifft, komme ich gerne mit. In den Backstein- und Industrie-Bauten einer ehemaligen Brauerei sind zahlreiche Bars gezogen. Wir treffen uns im Peaky Blinders, einer Themenkneipe, benannt nach der gleichnamigen Fernsehserie. Einige Besucher haben sich angezogen, wie die Schauspieler der Serie: Frauen in Kleidern und Hüten der späten 20er Jahre, Männer in weißen Hemden unter grauen Anzügen mit Westen, schwarzen Lackschuhen und Schiebermützen. Einer von ihnen sitzt reglos an einem Tisch in der Ecke. Erst denke ich, es sei eine Wachsfigur. Dann packt er das Handy aus und telefoniert.

junge Leute im Nachtleben auf der Slater Street in Liverpool, 29.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Charlottes Freunde, ein junges Pärchen wollen noch weiter ziehen. Auf dem Weg zurück in die Stadt liegt die Slater Street mit ihren vielen Clubs, in denen fast jeden Abend Bands spielen. Vor dem Jacaranda und anderen Läden stehen die Leute Schlange. Trotz Temperaturen um die 5 Grad haben sich die Mädchen in kurzen Rücken und Tops aufgebrezelt, Hauptsache schrill und bunt. Wer intensiv genug „vorgeglüht“ hat, spürt die Kälte nicht. 

Am Wochenende verwandelt sich Liverpool in eine große Party

Die Touristen tummeln sich vor allem an der Mathew Street. Die Wände der alten Backsteinhäuser werfen die Musik aus den diversen Kneipen auf die Gasse, wo sie sich zu einem Brei aus Balladen, Country-Klängen und hatten Gitarrenakkorden vermischt. Liedermacher, Rockmusiker und immer wieder Coversänger der Gruppe, die Besucher aus  der ganzen Welt nach Liverpool lockt: Die Beatles. Sie sind hier aufgewachsen. Als sie noch kaum einer kannte, traten sie für ein paar Pfund im Keller eines ehemaligen Lagerhauses auf: dem Cavern Club, heute ein Wallfahrtsort für die Fans. In den Regalen liegen hinter Glasscheiben Souvenirs der Fab Four. Auf der Bühne versuchen sich täglich andere Interpreten an ihren Stücken. Der Typ, der die Songs von „Hey Jude“ bis „Imagine“ zum besten gibt, klingt fast wie das Original. Die Zuhörer, darunter viele ganz junge Leute klatschen und singen begeistert mit. Zurück auf der Straße lese ich an der Nachbarkneipe den Text nach. Sie haben John Lennon’s Hymne auf eine Holztafel neben der Tür geschrieben: „No need for greed or hunger, a brotherhood of man, Imagine all the people sharing all the world.“ So viel hat sich nicht geändert seit damals. 

Kneipenstrasse Matthew Street in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Ein Mann um die 40, gestutzter Bart, blonde, kurz geschnittene Haare, kommt lächelnd auf mich zu. „Ob ich etwas Kleingeld hätte, fragt er. Er heiße Steve und sei obdachlos. Er habe „ Familie, Job und schliesslich die Bleibe verloren“, erzählt er mir in sachlich- ruhigem Ton, „eine lange Geschichte“. Dann zieht er einen 5-Pfund-Schein und ein paar Münzen aus seiner Jackentasche. Er brauche noch 17 für eine Nacht im Hostel. Viel fehlt ihm nicht mehr. 

Natürlich suche er Arbeit, aber ohne eine feste Adresse bekomme er keinen Job und ohne Stelle keine Wohnung. Der übliche Teufelskreis. Vor allem belaste ihn die Reaktion der Leute, die er anspricht. „Oft behandeln sie mich abfällig, wie einen Säufer oder Drogenabhängigen.“ 

Abends kriecht die Not vor den Ladentüren

Vor Läden, in Hauseingängen und anderen windgeschützten Ecken schlafen heruntergekommene Gestalten in schmutzigen Schlafsäcken. Manche sehen furchtbar aus, zahnlos, betrunken. Alle paar Meter schnorrt mich einer an. Natürlich könnte ich jedem etwas geben.  Nur  was bewirkt es, außer dass ich damit vielleicht mein schlechtes Gefühl etwas beruhige und einen kleinen Moment der Freude bereite? Die meisten kaufen mit dem Erbettelten wahrscheinlich wieder eine Schnapsflasche oder den nächsten Schuss. Steve, der sich so freundlich vorgestellt hat, scheint anders zu ticken. Ich gebe ihm die fünf Pfund, die ihm für diese Nacht noch fehlen und wünsche ihm alles Gute. Ein paar Tage später sehe ich ihn wieder auf Geldsammel-Tour, weiterhin obdachlos, aber zuversichtlich. Vielleicht ist er so ein typischer Liverpooler.

Wenn Du am Boden liegst, stehst Du wieder auf, machst weiter oder probierst etwas Neues.
Musikgeschichte des Pop und Rock in Großbritannien in der Ausstellung der British Music Experience, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Paul Thompson zum Beispiel hat einst auf dem damals berühmtesten Passagierdampfer, der Queen Elizabeth 2, gearbeitet. Dann hat die Reederei den Linienbetrieb zwischen England und New York eingestellt. Das Fliegen war zu billig geworden. Kaum jemand fuhr mehr mit dem Schiff nach Amerika. Er fand einen Job in der Musikwirtschaft. Als er erfuhr, dass im ehemaligen Hauptsitz seines früheren Arbeitgebers ein neues Museum eröffnete, bewarb er sich: Die British Music Experience, die die Geschichte der britischen Rock- und Pop-Musik seit 1945 erzählt. Zufrieden damit? „Ja auf jeden Fall“. 

Mehr als zwei Jahrhunderte lang war Liverpool der Schmelztiegel Europas. Viele, die auswandern wollten, sind hier hängen geblieben. Allein 90.000 Iren strandeten in der Stadt am Mersey auf der Flucht vor der großen Hungernot in den 1840er Jahren. Dazu kamen Deutsche, Dänen, Italiener und Juden aus Osteuropa. Manche Kapitäne kassierten für die Überfahrt und setzten die Flüchtlinge in Liverpool ab. Sie sagten Ihnen: Hier ist New York. Steigt aus. 

lebensgroße Beatles Statuen an der Waterfront in Liverpool,, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Seeleute brachten neben Baumwolle und anderen Rohstoffen neue Ideen und die Musik aus Amerika in die Stadt: Folk, Rock, Country, der seine Wurzeln in Irland hatte. So entstand in den 50er Jahren der Mersey-Beat, daraus die Klänge der Beatles. Später wuchs aus der Protestbewegung gegen den wirtschaftlichen Niedergang der Punk mit Gruppen wie The Clash.

UNESCO-Stadt der Musik

Inzwischen ist Liverpool nicht nur Metropole des britischen Pop. Die Vereinten Nationen verliehen der Stadt 2015 den Ehrentitel UNESCO City of Music. Die UN- Kulturorganisation lobt die zahlreichen Festival  sowie das Engagement für musikalische Bildung, die den sozialen Zusammenhalt fördere.

Mich macht so viel Lob ein bisschen misstrauisch. So frage ich immer wieder Leute, wie sie ihre Stadt sehen und was ihnen der Titel Europäische Kulturhauptstadt 2008 bis heute gebracht habe. Nur ein einziger bemängelte, dass das Geld besser für Kinder und alte Menschen ausgegeben werden sollte. Die benachteiligten Stadtteile hätten nicht vom Kultur- und Tourismusaufschwung profitiert. Alle andere, die mir antworteten, lieben ihr buntes, fröhlicheres, weltoffenes Liverpool. Sie freuen sich, dass der Tourismus internationale Gäste und Einnahmen in die Stadt bringt.

Paul Mc Cartneys Schule für Management und Kreativität

1996 hat Ex-Beatle Paul McCartney die Schule, die er als Kind selbst besuchte, zum Liverpool Institute for Performing Arts LIPA umbauen lassen. Weltweit einmalig verbindet es die betriebswirtschaftliche mit der künstlerischen Ausbildung. Unterrichtet werden neben Tanz, Schauspiel, Multimedia, Musik und anderer Bühnenkunst Selbstmanagement, Karriereplanung, Bewerbungstraining, Technik für Klang und Bühne. Das LIPA versteht sich als Mikrokosmos der realen Welt draußen, mit der die Studierenden eng zusammenarbeiten. In Projekten produzieren sie zum Beispiel komplette Filme – inklusive Kalkulation, Finanzierung, Drehbuch, Dreh, Klärung von Rechten, Organisation, Schnitt und Postproduction. 

Erzählt hat mir Phil vom LIPA und seinen vielen Absolventen, die in Konzerte und Festivals organisieren, in Bands spielen oder kreative Start-Ups gegründet haben.

„Strawberry Fields Forever“

Phil, in Liverpool geboren und aufgewachsen, fährt in seinem Minibus Touristen unter anderem auf den Spuren der Beatles durch die Stadt. Fast jedes ihrer Lieder erzählt eine Liverpooler Geschichte. Die „Strawberry Fields“ waren ein zum Waisenhaus umgebauter Herrensitz mit einem weitläufigen Park. Dort spielten die Vier als Kinder Cowboy und Indianer. Später feierten sie hier die ersten Parties. „Strawberryfield forever… nothing is  for real …“, singen sie, „gar nichts ist wahr“ und träumen von der Unbeschwertheit ihrer Kindheitsfantasien, als man „ein Drachen, ein Ritter oder ein Flugzeug“ sein konnte.

Tor zum ehemaligen Waisenhausgelände Strawberry Fields, das die Beatles in ihrem gleichnamigen Lied verewgt haben, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

 

Auch dem Stadtteil Penny Lane haben sie ein musikalisches Denkmal gesetzt. Kaum jemand weiß noch, dass die Straße, die dem Viertel seinen Namen gibt, nach dem Sklavenhändler James Penny benannt ist. Paul McCartney singt über seine Kindheit im Viertel, erzählt vom italienischen Friseur Bioletti, der den Kindern Bonbons schenkte, Witze erzählte und seinen Kunden den „Entenarsch“-Haarschnitt der  Rock’n’Roller verpassen konnte. Für Phil Hughes ist das Lied „ein Tagebuch.“

„We all live in a Yellow Submarine“

Auf unserer Tour halten wir am Penny Lane Community Trust. Eine Bürgerinitiative, die den Verkauf der umliegenden Felder an Immobilieninvestoren verhindert hat, gründete das Nachbarschaftszentrum. Im Laden gibt es Beatles Souvenirs. Nebenan organisieren die Mitarbeiter Gesundheits-Kurse für die Anwohner. Eine Gruppe von Ehrenamtlichen legt einen Gemeinschaftsgarten mit Gemüsebeeten für alle an. Draußen blühen die Blumen im Octopuses Garden hinter einem uralten quietschgelben Yellow Submarine – einem Mini-U-Boot, das einst in der Nordsee Dienst tat. 

Phil hat Deutsch hat bei der Armee gelernt. Unterwegs erzählt er zum Beispiel, dass der Chorleiter der Kathedrale Paul McCartney als Teenie nicht mitsingen lassen wollte. Seine Stimme sei zu schlecht gewesen. 

Den Liverpooler Dialekt, das leicht prollige Scouse mit seinen schottischen und irischen Einsprengseln, haben die Beatles salonfähig gemacht. In „Maggie May“ singen sie Schimpfwörter, die der Jugendschutz damals auf reinem Englisch vermutlich verboten hätte. 

Die Fähre über den Mersey, der Gerry & The Pacemakers 1965 ihren Song „Ferry Cross The Mersey“ gewidmet haben, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Die Scouser, wie sich die Einheimischen wegen ihres breiten, manchmal ordinären Slangs nennen, erinnern mich oft an die Menschen im deutschen Ruhrgebiet: Gerade raus, zupackend, gerne laut, redselig, offen und querköpfig – oder mit den Worten der Band Gerry and the Pacemakers im Lied »Fähre über den Mersey«: 

Life goes on day after day – Hearts torn in every way – So ferry cross the Mersey – Cause this is the place I love – And here I’ll stay …

People around every corner – They seem to smile and say – We don’t care what your name is boy – We’ll never turn you away.

Hinweis: Die Recherche zu diesem Beitrag wurde von Visit Britain und Liverpool marketing unterstützt. Einfluss auf den Inhalt haben die Unterstützer nicht genommen.

Text des Liedes Imagine von John Lennon (Beatles) steht an der Lennon’s Bar in der Matthew Street in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Liverpool Info:

Anreise nach Liverpool:

Flug:

Die meisten Direktflüge gibt es von der Schweiz, Österreich und Deutschland nach Manchester (MAN). Vom Flughafen Manchester  fahren mindestens stündlich Züge in circa anderthalb Stunden nach Liverpool.

Fähren und Auto:

– von Amsterdam und Ijmuiden nach Newcastle an der nordenglischen Ostküste: DFDS Seaways

– von Zeebrugge und Rotterdam nach Hull: P&O Ferries

Außerdem gibt es zahlreiche Fährverbindungen von Nordfrankreich, den Niederlanden und Belgien nach England.

Bahn:

Die Züge der Privatbahn Eurostar verbinden u.a. Paris, Brüssel und Lille durch den Kanaltunnel mit London. Wer lange im Voraus bucht und/oder Glück hat, kann hier günstige Tickets bekommen.

Liverpool Tourist Info: . Mit dem Liverpool-Pass bekommen Touristen zahlreiche Ermäßigungen.

Großbritannien Info Visit Britain

Kunst in Liverpool:

Eine Initiative platziert Kunst und kleine Ausstellungen in (leer stehenden) Läden und Schaufenstern:

 Beatles in Liverpool:

Deutschsprachige Beatles-Stadtrundfahrten:

Phil Hughes, tourliverpool@hotmail.com

Fab 4 Taxi Tours in den typischen Londoner Taxis

 

Weitere Stadtführungen:

Grusel-Stadtrundgänge mit Schauspielern The Shiverpool Ghost Tours

Touren zu verschiedenen Themen mit der charmanten, redegewandten Charlotte Martin

Liverpooler Stadtführungen und Thementouren im Überblick

Noch mehr Beatles:

Casbah Coffee Club: Wo die Beatles-Geschichte begann: Casbah Coffee Club, 8, Haymans Green, West Derby,  mit Links zu Beatles-Touren, Fan-Clubs und mehr

The Cavern: nachgebauter Club, in dem einst die Beatles regelmäßig spielten, heute laufend Live-Auftritte internationaler und heimischer Bands sowie Disco, Mathew St.,

anschauen:
Südseite der Liverpool Waterfront hinter einem alten Anker , 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Waterfront: Seit 2004 zählt das ehemalige Dock- und Hafengelände mit den Albert Docks und den drei markanten Grazien, dem Royal Liver Buildung, dem Bau der Reederei Cunard und dem Sitz der Hafenverwaltung, zum UNESCO Weltkulturerbe, ebenso das alte Geschäftsviertel in den Rope Walks (Reeperbahn) und die georgianischen Reihenhäuser an der Kathedrale (St. George Quarter) .In die backsteinroten Albert Docks sind Restaurants, Büros, Cafés und mehrere Museen gezogen:

Beatles Museum: The Beatles Story erzählt in Bildern, Tondokumenten, Installationen und anhand zahlreicher Original-Dokumente die Geschichte der Fabolous 4, , 

Internationales Sklavereimuseum: Das International Slavery Museum zeigt anhand zahlreicher Original-Dokumente, in Bildern und Filmen, womit Liverpool im 18. Jahrhundert eine der reichsten Städte Europas wurde: Sklavenhandel. Filme und lebensgroße Modelle zeigen, wie Liverpooler Reeder die gefangenen Afrikanerin aneinander gekettet nach Amerika verschleppten.

Seefahrt-Museum: Im selben Gebäude zeigt das Maritime Museum die Geschichte des Hafens und der Seefahrt. Ein Teil der Ausstellung befasst sich intensiv mit der Lusitania, einem Schwesterschiff der Titanic, das ein deutsches U-Boot 1915 vor der irischen Küste versenkten. In Filmen berichten Überlebende von der Katastrophe. Teile des Schiffes sind originalgetreu begehbar nachgebaut.  

Die Tate Liverpool, ein Ableger ihrer Namensschwester in London zeigt vor allem moderne Kunst. Damit lockt sie mehr Besucher an, als jedes andere britische Kunstmuseum außerhalb Londons.

Stadtmuseum Museum of Liverpool an der Liverpool Waterfront, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Das Museum of Liverpool hat einen futuristischen Neubau bekommen. Anhand von mehr als 6.000 zum Teil begehbaren Installationen und Objekten erzählt es die Geschichte der Stadt und der Industrialisierung Nordwest-Englands.  

Nebenan zeigt die neue Open Eye Gallery zeitgenössische Fotografie.

Im ehemaligen Hauptsitz der Reederei Cunard Lines an der Waterfront erzählt die British Music Experience seit 2017 die Geschichte der (britischen) Rock-, Pop-, Punk-, Ska- und sonstigen Musikszenen seit 1945. Zu sehen und vor allem zu hören gibt es hier eine ganze Menge.

Saint Luke: Die 1941 von der deutschen Luftwaffe ausgebombte Lukaskirche blieb nach dem Krieg als Mahnmal stehen. Heute dient die Ruine ohne Dach und ohne Fenster als Raum für Konzerte, Ausstellungen und andere Kulturveranstaltungen.

Western Approaches Museum: Weitgehend im Original erhalten sind die Räume, in denen „der Zweite Weltkrieg gewonnen wurde“. Unter dem von außen unscheinbaren Derby-Haus zwischen Rathaus und Liverpooler Waterfront saß das britische Hauptquartier der Atlantikschlacht: 100 unterirdische Räume in einem gasdichten Bunker hinter mehr als zwei meter dicken Mauern. 1-3, Rumford Street.

 

Kirchenschiff der Anglikanischen Kathedrale i Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Kathedrale: Auf einem Hügel am Südrand der Innenstadt thront Großbritanniens größte Kathedrale, ein mächtiger neugotischer Bau auf 10.000 Quadratmetern Fläche mit einer exzellenten Akustik. Von Ende März bis Ende Oktober können Besucher/innen vom 100 Meter hohen Turm der Kirche jeden Donnerstag auch den Sonnenuntergang und die „Blaue Stunde“ mit Blick über die Stadt und den Mersey-Fluß genießen (Twilight Thursday).

Kuba-Wandbild am Restaurant Alma de Cuba in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman
Essen in Liverpool:

Alma de Cuba, Karibische Bar mit Restaurant in der ehemaligen St. Peter Kirche von 1788. Das Licht fällt durch bunte Kirchenfenster auf den zum Teil aus der Bauzeit der Kirche erhaltenen Mosaikboden, Seel Street, 0151 702 7394.

Kneipen/Clubs in Liverpool:

Love Lock Cafe Kuscheliges Café mit leckeren Kuchen, veganem Chilli und Sandwiches (auch vegan und möglichst aus regionalen Zutaten) zu zivilen Preisen. Wasser gibt es frei aus einem Spender, Old Hay Market, Unit 6.

Bold Steet in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman
Einkaufen in Liverpool:

Viele schräge Läden, Second Hand und Vintage Shops sammeln sich an der Bold Street. 

Feiern in Liverpool

The Jacaranda Club Gemütliche Bar in einem restaurierten Backsteinbau mit Beatles-Spuren im Keller, 21-23 Slater St.

Heebie Jeebies 80-82 Seel Street

Am Wochenende drängen sich die Feierwütigen vor allem auf der Slater-  und der Mathew Street sowie im Baltic Triangle: Auf dem Gelände der ehemaligen Cars Brauerei haben zahlreiche Kneipen Bars und Nachtclubs eröffnet: Das neue neue Ausgehviertel der Stadt.

Pubs in Liverpool:

Liverpool hat noch ein paar richtig alte, englische Pubs, zum Beispiel die Philharmonic Dining Rooms im Charme des 19. Jahrhunderts schräg gegenüber der Philharmonie, 36, Hope Street.

 

Café „Love Thy Neighbour“ (Liebe Deinen Nachbarn“ an der bunten Ausgeh- und Shoppingmeile Bold Street in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman
Übernachten in Liverpool:

Hope Street Hotel,  40, Hope Street, DZ ab 110 Pfund: In Liverpools derzeit angesagtestem Ausgehviertel nahe der anglikanischen Kathedrale liegt das Luxushotel mit beheizten Holzfußböden in einer georgianischen Stadtvilla von 1860 mit Blick auf den Fluß und die Skyline.

Malmaison Liverpool: William Jessop Way, Princes Dock  DZ ab ca. 85 Pfund
Hypermodernes Designhotel mit einem Hauch von Manhatten: Treppenhaus im grau schimmernden Industriemetall-Design, Champagner-Bar in ersten Stock vor rohen Ziegelwänden.

Edle Zimmer und Apartments hat

das Richmond Apart-Hotel, 24 Hatton Garden nicht weit vom Hauptbahnhof Lime Street, DZ ab ca. 70 Pfund

Zentral und trotzdem in einer ruhigen Seitenstraße liegt das Euro Hostel, 54, Stanley Street, Zimmer ab 25 und Schlafsaal-Bett ab 14 Pfund

Fussball:

Liverpool ist geteilt in Blau und Rot. Entweder man ist für den roten FC oder für die Blauen aus Everton. Das FC -Stadion an der Anfield Road bietet Führungen an . Wenn dort alle zusammen inbrünstig die Hymne „You’ll never walk alone“ (im Video ab ca. min. 4:00 singen, bekommen auch Nicht-Fussballfans feuchte Augen und eine Gänsehaut.

 Filmstadt Liverpool:
Filmdreh einer Szene aus dem 19. Jahrhundert in Liverpool (viele Filme, die in London spielen, werden in Liverpool gedreht), 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman
eioner der vielen Filmdrehs in einer Seitenstraße der Victoria Street (Nahe Matthew Street) in Liverpool, 26.3.2018, Foto: Robert B. Fishman

Busse und Bahnen in Liverpool: Merseytravel

Lesen über Liverpool:

Online Stadt- und Reiseführer mit Veranstaltungskalender für Nordwest-England

Online Stadtmagazin Online Stadt- und Reiseführer

Von Robert B Fishman

freier Journalist, Autor (Hörfunk und Print), Fotograf, Moderator, Reiseleiter und mehr

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